Immunologie der viralen Hepatitis und Infektionen bei Leberzirrhose
Fokus
Die Auswirkungen von Immunreaktionen auf die chronische Hepatitis-B-Infektion
Weltweit sind mehr als 250 Millionen Menschen chronisch mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) infiziert, und jährlich sterben 650.000 Menschen an HBV. Die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten für chronische Hepatitis B in den Industrieländern sind das Zytokin Interferon alfa oder direkte antivirale Medikamente, so genannte Nukleos(t)id-Analoga (NA). NA können die virale Replikation sehr effizient unterdrücken. Allerdings erreicht nur ein kleiner Prozentsatz der Patient:innen einen Status der funktionellen Heilung, der durch den Verlust des HBV-Hüllantigens (HBsAg) gemessen wird. Der Grund dafür ist, dass die NA-Therapie nur die Bildung neuer Virionen hemmt, aber nicht direkt auf das Mini-Chromosom des HBV einwirkt, das sich im Zellkern der Leberzelle befindet. Diese so genannte kovalent geschlossene zirkuläre HBV-DNA (engl.: covalently closed circular HBV DNA, cccDNA), die genetische Vorlage des HBV, könnte durch neue Strategien unter Einbeziehung von Immunantworten eliminiert werden. Ein Schwerpunkt unserer Forschungsgruppe ist es, die Mechanismen des Immunsystems zur Beseitigung von HBV zu verstehen und neue Ziele für therapeutische Maßnahmen zur HBV-Heilung zu ermitteln.
Die Auswirkungen der HCV-Heilung auf das Immunsystem
Weltweit sind 50-70 Millionen Menschen chronisch mit HCV infiziert. Chronische Hepatitis C führt zu Leberzirrhose und erhöht das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Darüber hinaus kann eine HCV-Infektion extrahepatische Symptome wie chronische Müdigkeit oder bestimmte rheumatische Erkrankungen hervorrufen. Eine chronische HCV-Infektion führt auch zu einer veränderten und dysregulierten Immunantwort, die sich ebenfalls auf extrahepatische Symptome auswirken kann. Die Behandlung mit direkt wirkenden antiviralen Medikamenten (DAA) ist seit 2014 etabliert, und bei mehr als 95 % der behandelten Patient:innen kann eine HCV-Heilung erreicht werden. Eine HCV-Heilung verhindert die Entwicklung einer Zirrhose und verringert das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Das Krebsrisiko ist jedoch nicht gleich Null, und extrahepatische Manifestationen werden nicht immer rückgängig gemacht. Die kurz- und langfristigen Auswirkungen der HCV-Heilung auf das aus dem Gleichgewicht geratene Immunsystem sind ein Schwerpunkt unserer Forschung. Ein besseres Verständnis der Immunreaktionen bei HCV könnte auch die Entwicklung eines Impfstoffs gegen HCV vorantreiben, der wichtig ist, um die WHO-Ziele zur Eliminierung der HCV-Infektion zu erreichen.
Die Auswirkungen von Immunreaktionen bei chronischer Hepatitis E
Die Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) gilt sowohl in Entwicklungsländern als auch in Industrieländern als die häufigste Ursache für akute Virushepatitis. Bei Infektionen in Industrieländern handelt es sich hauptsächlich um zoonotische Infektionen mit dem Genotyp 3, der durch den Verzehr von rohem oder unzureichend gegartem Fleisch oder Eingeweiden infizierter Tiere oder durch kontaminierte Blutprodukte übertragen wird.
Patient:innen mit akuter Hepatitis E erholen sich in der Regel spontan und scheiden das Virus aus, aber bei immunsupprimierten Patient:innen, z. B. bei Empfänger:innen von Transplantaten mit festen Organen, kann in etwa 50 % der Fälle eine chronische Hepatitis E auftreten. Patient:innen mit chronischer Hepatitis E können innerhalb weniger Jahre eine Leberzirrhose entwickeln. Es gibt kein zugelassenes Medikament für chronische Hepatitis E. Interferon-α oder Ribavirin sind Off-Label-Behandlungsoptionen und, wenn sie eingesetzt werden, mit Nebenwirkungen verbunden. Ein Schwerpunkt der Forschungsgruppe ist es, zu verstehen, wie das Immunsystem verändert werden kann, um eine chronische HEV-Infektion zu beseitigen. Dies könnte zu neuen Konzepten für die Behandlung von Patient:innen mit geschwächtem Immunsystem und chronischer Hepatitis E führen.
Verständnis des zirrhoseassoziierten Immunschwächesyndroms
Die Leberzirrhose ist das Endstadium vieler chronischer Lebererkrankungen, wie z. B. einer chronischen Hepatitis-Virusinfektion. Komplikationen der Zirrhose sind Aszites oder hepatische Enzephalopathie sowie Ösophagusvarizenblutungen, die eine dekompensierte Zirrhose definieren. Patient:innen mit dekompensierter Zirrhose haben eine kumulative Ein-Jahres-Mortalität von etwa 50 %. Die Hauptursache für diese hohe Sterblichkeit ist eine Infektion, z. B. eine spontane bakterielle Peritonitis (SBP). Ein Grund für die Anfälligkeit für Infektionen wird in der beeinträchtigten Immunabwehr von Patient:innen mit fortgeschrittener Leberzirrhose vermutet, die als Leberzirrhose-assoziiertes Immunschwächesyndrom bekannt ist. Ein Schwerpunkt unserer Forschungsgruppe ist die Untersuchung der löslichen und zellulären Immunreaktionen im Blut und Aszites von Patient:innen mit dekompensierter Leberzirrhose, um die Mechanismen der Immunschwäche zu verstehen und Wege zur Beeinflussung und Verbesserung dieses Zustands zu finden.
Mausmodelle: Zur Entschlüsselung der Wirkung immunmodulatorischer Therapien auf heterologe Virusinfektionen
Chronische Virusinfektionen stellen nach wie vor eine globale Gesundheitsbelastung dar. Für viele dieser Infektionen gibt es nur begrenzte Therapiemöglichkeiten zur Beseitigung des Virus. Eine Strategie zur Überwindung der Chronizität ist die gezielte Beeinflussung der Immunantwort des Wirtes. Daher müssen die Mechanismen der Entstehung von Chronizität und die Art und Weise, wie immunmodulatorische Maßnahmen (z. B. α-PD-L1-Antikörpertherapie) die antivirale Immunantwort beeinflussen und gestalten können, genauer erforscht werden.
Ein Schwerpunkt der Forschungsgruppe ist die Verwendung des gut etablierten lymphozytären Choriomeningitis-Virus (LCMV)-Mausmodells, um neue Konzepte immunmodulatorischer Behandlungsoptionen für die Virusbeseitigung und die Modulation der Wirtsimmunreaktionen zu untersuchen.
Fokus
Die Auswirkungen von Immunreaktionen auf die chronische Hepatitis-B-Infektion
Weltweit sind mehr als 250 Millionen Menschen chronisch mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) infiziert, und jährlich sterben 650.000 Menschen an HBV. Die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten für chronische Hepatitis B in den Industrieländern sind das Zytokin Interferon alfa oder direkte antivirale Medikamente, so genannte Nukleos(t)id-Analoga (NA). NA können die virale Replikation sehr effizient unterdrücken. Allerdings erreicht nur ein kleiner Prozentsatz der Patient:innen einen Status der funktionellen Heilung, der durch den Verlust des HBV-Hüllantigens (HBsAg) gemessen wird. Der Grund dafür ist, dass die NA-Therapie nur die Bildung neuer Virionen hemmt, aber nicht direkt auf das Mini-Chromosom des HBV einwirkt, das sich im Zellkern der Leberzelle befindet. Diese so genannte kovalent geschlossene zirkuläre HBV-DNA (engl.: covalently closed circular HBV DNA, cccDNA), die genetische Vorlage des HBV, könnte durch neue Strategien unter Einbeziehung von Immunantworten eliminiert werden. Ein Schwerpunkt unserer Forschungsgruppe ist es, die Mechanismen des Immunsystems zur Beseitigung von HBV zu verstehen und neue Ziele für therapeutische Maßnahmen zur HBV-Heilung zu ermitteln.
Die Auswirkungen der HCV-Heilung auf das Immunsystem
Weltweit sind 50-70 Millionen Menschen chronisch mit HCV infiziert. Chronische Hepatitis C führt zu Leberzirrhose und erhöht das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Darüber hinaus kann eine HCV-Infektion extrahepatische Symptome wie chronische Müdigkeit oder bestimmte rheumatische Erkrankungen hervorrufen. Eine chronische HCV-Infektion führt auch zu einer veränderten und dysregulierten Immunantwort, die sich ebenfalls auf extrahepatische Symptome auswirken kann. Die Behandlung mit direkt wirkenden antiviralen Medikamenten (DAA) ist seit 2014 etabliert, und bei mehr als 95 % der behandelten Patient:innen kann eine HCV-Heilung erreicht werden. Eine HCV-Heilung verhindert die Entwicklung einer Zirrhose und verringert das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Das Krebsrisiko ist jedoch nicht gleich Null, und extrahepatische Manifestationen werden nicht immer rückgängig gemacht. Die kurz- und langfristigen Auswirkungen der HCV-Heilung auf das aus dem Gleichgewicht geratene Immunsystem sind ein Schwerpunkt unserer Forschung. Ein besseres Verständnis der Immunreaktionen bei HCV könnte auch die Entwicklung eines Impfstoffs gegen HCV vorantreiben, der wichtig ist, um die WHO-Ziele zur Eliminierung der HCV-Infektion zu erreichen.
Die Auswirkungen von Immunreaktionen bei chronischer Hepatitis E
Die Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) gilt sowohl in Entwicklungsländern als auch in Industrieländern als die häufigste Ursache für akute Virushepatitis. Bei Infektionen in Industrieländern handelt es sich hauptsächlich um zoonotische Infektionen mit dem Genotyp 3, der durch den Verzehr von rohem oder unzureichend gegartem Fleisch oder Eingeweiden infizierter Tiere oder durch kontaminierte Blutprodukte übertragen wird.
Patient:innen mit akuter Hepatitis E erholen sich in der Regel spontan und scheiden das Virus aus, aber bei immunsupprimierten Patient:innen, z. B. bei Empfänger:innen von Transplantaten mit festen Organen, kann in etwa 50 % der Fälle eine chronische Hepatitis E auftreten. Patient:innen mit chronischer Hepatitis E können innerhalb weniger Jahre eine Leberzirrhose entwickeln. Es gibt kein zugelassenes Medikament für chronische Hepatitis E. Interferon-α oder Ribavirin sind Off-Label-Behandlungsoptionen und, wenn sie eingesetzt werden, mit Nebenwirkungen verbunden. Ein Schwerpunkt der Forschungsgruppe ist es, zu verstehen, wie das Immunsystem verändert werden kann, um eine chronische HEV-Infektion zu beseitigen. Dies könnte zu neuen Konzepten für die Behandlung von Patient:innen mit geschwächtem Immunsystem und chronischer Hepatitis E führen.
Verständnis des zirrhoseassoziierten Immunschwächesyndroms
Die Leberzirrhose ist das Endstadium vieler chronischer Lebererkrankungen, wie z. B. einer chronischen Hepatitis-Virusinfektion. Komplikationen der Zirrhose sind Aszites oder hepatische Enzephalopathie sowie Ösophagusvarizenblutungen, die eine dekompensierte Zirrhose definieren. Patient:innen mit dekompensierter Zirrhose haben eine kumulative Ein-Jahres-Mortalität von etwa 50 %. Die Hauptursache für diese hohe Sterblichkeit ist eine Infektion, z. B. eine spontane bakterielle Peritonitis (SBP). Ein Grund für die Anfälligkeit für Infektionen wird in der beeinträchtigten Immunabwehr von Patient:innen mit fortgeschrittener Leberzirrhose vermutet, die als Leberzirrhose-assoziiertes Immunschwächesyndrom bekannt ist. Ein Schwerpunkt unserer Forschungsgruppe ist die Untersuchung der löslichen und zellulären Immunreaktionen im Blut und Aszites von Patient:innen mit dekompensierter Leberzirrhose, um die Mechanismen der Immunschwäche zu verstehen und Wege zur Beeinflussung und Verbesserung dieses Zustands zu finden.
Mausmodelle: Zur Entschlüsselung der Wirkung immunmodulatorischer Therapien auf heterologe Virusinfektionen
Chronische Virusinfektionen stellen nach wie vor eine globale Gesundheitsbelastung dar. Für viele dieser Infektionen gibt es nur begrenzte Therapiemöglichkeiten zur Beseitigung des Virus. Eine Strategie zur Überwindung der Chronizität ist die gezielte Beeinflussung der Immunantwort des Wirtes. Daher müssen die Mechanismen der Entstehung von Chronizität und die Art und Weise, wie immunmodulatorische Maßnahmen (z. B. α-PD-L1-Antikörpertherapie) die antivirale Immunantwort beeinflussen und gestalten können, genauer erforscht werden.
Ein Schwerpunkt der Forschungsgruppe ist die Verwendung des gut etablierten lymphozytären Choriomeningitis-Virus (LCMV)-Mausmodells, um neue Konzepte immunmodulatorischer Behandlungsoptionen für die Virusbeseitigung und die Modulation der Wirtsimmunreaktionen zu untersuchen.
Markus Cornberg ist W3-Professor für Infektionskrankheiten mit Schwerpunkt Hepatologie und stellvertretender Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektiologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, Deutschland. Seit 2019 ist er Klinischer Direktor des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung und Direktor des Zentrums für Individualisierte Infektionsmedizin (CIIM). Prof. Cornberg ist Medizinischer Vorstand der Deutschen Leberstiftung. Seit 2007 koordiniert Prof. Cornberg die deutsche Leitlinie zum Management der Hepatitis-B-Virusinfektion. Von 2017 bis 2020 war er Mitglied des Wissenschaftlichen Komitees und des Präsidiums der European Association for the Study of the Liver (EASL). Seit 2019 ist er Associate Editor des Journal of Hepatology. Sein grundlagenwissenschaftlicher Forschungsschwerpunkt ist die Untersuchung zellulärer Immunantworten für den Krankheitsverlauf und das Ansprechen auf die Behandlung bei Patient:innen mit viraler Hepatitis. Prof. Cornberg hat über 300 wissenschaftliche Originalarbeiten sowie Übersichtsartikel veröffentlicht.
Anke Kraft ist leitende Wissenschaftlerin in der Abteilung für Gastroenterologie, Hepatologie, Infektionskrankheiten und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover und im Zentrum für Individualisierte Infektionsmedizin (CIIM). Sie studierte Biologie in Göttingen und Braunschweig und promovierte an der Universität Würzburg. Nach Forschungsaufenthalten an der Universität Essen, Worcester (MA, USA) und Hannover leitet sie seit 2018 gemeinsam mit Markus Cornberg die Forschungsgruppe "Immunologie der viralen Hepatitis und Infektionen bei Leberzirrhose". Sie ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Virologie (GfV) und für Immunologie (DGFI) und arbeitet als Review Editor bei Frontiers Immunology. Anke Kraft beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit Immunantworten bei chronischen Virusinfektionen. Sie interessiert sich für die Entwicklung neuer Strategien zur Wiederherstellung der T-Zell-Antwort bei chronischen Virusinfektionen und Patienten mit fortgeschrittener Leberzirrhose. Ihre aktuelle Arbeit umfasst die Untersuchung von Hepatitis-Virus-infizierten Patient:innen und die Arbeit an Wissensgraphen, um das Immunsystem der Patient:innen besser zu verstehen, sowie an chronischen Mausmodellen.
Forschungsprojekte
Hannoversche Hepatitis-Biobank-Kohorte (HHBC)
Für die Analyse von Immunantworten bei Patient:innen mit viraler Hepatitis und Leberzirrhose haben wir die Hannover Hepatitis Biobank Cohort (HHBC) etabliert. Derzeit verarbeiten wir Biomaterial von 40-50 Patient:innen pro Woche, das unter anderem Vollblut, PBMC, Plasma, Serum, Urin, Stuhl, Aszites und Leberbiopsien umfasst. Die Verarbeitung des Biomaterials erfolgt nach etablierten SOPs in unserem Labor. Wir arbeiten eng mit der Hannover Unified Biobank (HUB) zusammen, was auch den Einsatz von CentraXX (Kairos) für das Biomaterialmanagement und die Langzeitlagerung der Proben in der HUB beinhaltet. In naher Zukunft planen wir den Ausbau und die Etablierung neuer Kooperationen mit Gruppen im DZIF sowie an der MHH und dem HZI.
Analyse der HBV-spezifischen T-Zell-Funktion und der Reaktion auf Immunmodulation in Abhängigkeit von HBsAg und HBcrAg bei Patient:innen mit chronischer Hepatitis-B-Virusinfektion
Hepatitis-B-Virus (HBV)-spezifische T-Zellen sind die wichtigsten Effektorzellen bei der Kontrolle der HBV-Infektion, und es wird angenommen, dass HBsAg ein entscheidender Faktor für die beeinträchtigte Immunantwort ist, die ein Kennzeichen der chronischen HBV-Infektion darstellt. Neben HBsAg sind auch andere virale Marker wie HBcrAg verfügbar. Wir haben vor kurzem den Zusammenhang zwischen diesen Markern und der HBV-spezifischen T-Zellen-Antwort analysiert. Die Auswirkungen der Immunmodulation auf die T-Zellen in Bezug auf die HBV-Marker sind jedoch noch nicht genau definiert. Dies wird wichtig sein, wenn diese Marker zur Patient:innenstratifizierung für neuartige immunbasierte Therapien eingesetzt werden sollen, die auf eine funktionelle HBV-Heilung abzielen, was ein Hauptthema der TTU Hepatitis des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) ist. Wir untersuchen derzeit die HBV-spezifische T-Zell-Antwort und das Ansprechen auf Checkpoint-Inhibition (Anti-PD-L1) in Kombination mit anderen Immunmodulatoren wie epigenetischen Modulatoren in vitro bei Patient:innen mit chronischer HBV-Infektion mit unterschiedlichen HBsAg- und HBcrAg-Werten aus unserer Hannover Hepatitis Biobank Cohort (HHBC). Wir arbeiten mit Datenwissenschaftler:innen zusammen, um einen wissensbasierten Ansatz zur Entdeckung von Faktoren zu entwickeln, die möglicherweise mit dem HBsAg-Verlust bei HBV-infizierten Patient:innen in Verbindung stehen (ImProVIT, gefördert von der VolkswagenStiftung und dem Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK)).
Auswirkungen der T-Zell-Reaktionen bei Patient:innen mit chronischer Hepatitis B nach Absetzen der Therapie mit Nukleos(t)id-Analoga (NA)
Wir haben prospektive klinische Studien initiiert, die eine strukturierte Beendigung der Behandlung mit direkt wirkenden antiviralen Nukleos(t)id-Analoga (NA) bei Patient:innen mit chronischer Hepatitis B untersuchen, bevor diese eine funktionelle Heilung (HBsAg-Verlust) erreichen. Die Ergebnisse der ersten Studie waren ausschlaggebend für das Konzept, dass das Absetzen der NA-Therapie und der anschließende Wiederanstieg der HBV-DNA eine Immunreaktion auslösen kann, die den späteren HBsAg-Verlust, das Äquivalent zur funktionellen Heilung, fördern könnte. Jetzt untersucht unsere Forschungsgruppe detaillierte Aspekte der angeborenen und adaptiven Immunreaktionen nach strukturiertem Absetzen der NA-Behandlung, um die Immunmechanismen zu ergründen, die zur funktionellen Heilung von HBV führen. In einem Projekt im Rahmen des Exzellenzclusters RESIST konzentrieren wir uns derzeit auf die Rolle der γδ-T-Zellen, bei denen es sich um unkonventionelle T-Zellen handelt, die in der Leber angereichert sind.
Entschlüsselung der langfristigen immunologischen Prägungen einer HCV-Infektion nach der Viruseliminierung
Die wichtigste Langzeitfolge der chronischen Hepatitis C ist die Entwicklung einer Leberzirrhose, die mit einem erheblichen Risiko für ein hepatozelluläres Karzinom (HCC) verbunden ist. Darüber hinaus kann die HCV-Infektion zu extrahepatischen Manifestationen wie chronischer Müdigkeit, Diabetes mellitus oder Vaskulitis führen. Inzwischen stehen direkt wirkende antivirale Medikamente (DAA) zur Verfügung, die gut verträglich sind und zu einer anhaltenden virologischen Ansprechrate (SVR) von mehr als 95 % führen, was eine deutliche Verringerung der Lebermorbidität und -mortalität zur Folge hat. Allerdings scheinen nicht alle Folgeerscheinungen der chronischen Hepatitis C nach der SVR vollständig reversibel zu sein. Bei Patient:innen mit fortgeschrittener Fibrose oder Zirrhose besteht ein Restrisiko für ein HCC. Die Beeinträchtigung der Lebensqualität oder extrahepatische Manifestationen wie kryoglobulinämische Vaskulitis sind nur teilweise verbessert oder nicht bei allen Patient:innen reversibel. Interessanterweise haben kürzlich veröffentlichte Studien, einschließlich unserer eigenen, gezeigt, dass eine HCV-Infektion nach der SVR einen immunologischen Abdruck oder eine Narbe hinterlassen kann, und dass die für eine chronische HCV-Infektion charakteristische beeinträchtigte Immunantwort nur teilweise wiederhergestellt wird. Gemeinsam mit Datenwissenschaftler:innen untersuchen wir in dem vom BMBF geförderten Projekt "NetFLID" die Langzeitfolgen einer HCV-Infektion auf das Immunsystem in mehreren Kohorten (Hannover Hepatitis-Biobank Kohorte (HHBC)) mit Hilfe von Omics-Technologie. Das übergeordnete Ziel von NetFLID ist die Entwicklung einer Datenintegrations- und -analyseplattform, die Netzwerkmedizin und KI-Methoden nutzt, um die Mechanismen von Infektionskrankheiten auf mehreren Ebenen zu entschlüsseln, vom Epigenom und Transkriptom bis zum Immunoproteom und Metabolom, auch im Zeitverlauf.
Charakterisierung unkonventioneller T-Zell-Reaktionen bei chronischer Hepatitis E
Das Hepatitis E-Virus (HEV) verursacht eine Leberinfektion, die oft von selbst abklingt, bei immungeschwächten Personen jedoch chronisch werden kann. Bei den meisten Fällen in Deutschland handelt es sich um zoonotisches HEV vom Genotyp 3, das durch kontaminierte Lebensmittel übertragen wird. Die Behandlung einer chronischen HEV-Genotyp-3-Infektion ist schwierig. Wie bereits gezeigt wurde, sind Immunantworten, einschließlich CD4+ und CD8+ T-Zellen, für die HEV-Eliminierung von entscheidender Bedeutung, doch die Rolle unkonventioneller T-Zellen (MAIT-Zellen, γδ T-Zellen) wurde bisher nur unzureichend untersucht. Diese T-Zellen, die eine Brücke zwischen angeborener und adaptiver Immunität bilden, kommen in der Leber vor und könnten die HEV-Pathogenese beeinflussen. In zwei vom DZIF geförderten medizinischen Promotionsprojekten untersuchen wir derzeit den Einfluss von MAIT- und γδ-T-Zellen bei HEV-Infektionen.
Charakterisierung von T-Zell-Reaktionen bei zirrhoseassoziiertem Immunschwächesyndrom
Die Leberzirrhose ist das Endstadium vieler chronischer Lebererkrankungen wie z. B. einer chronischen Hepatitis-Virusinfektion. Patient:innen mit fortgeschrittener Zirrhose entwickeln häufig eine hepatische Dekompensation, die mit einer systemischen Entzündung einhergeht und schließlich zu einem akuten chronischen Leberversagen (ACLF) führen kann. Eine wichtige Ursache der systemischen Hyperinflammation ist eine dysregulierte, überschießende Immunantwort im Aszites in der Bauchhöhle. Wir untersuchen derzeit die Rolle von unkonventionellen (MAIT-Zellen, ,γδ T-Zellen) und konventionellen T-Zellen (CD4+ und CD8+ T-Zellen) im Immunkompartiment des Aszites. Zu diesem Zweck verwenden wir Bioproben, die von Patient:innen in unserem prospektiven Patient:innenregister INFEKTA gesammelt wurden.
Publikationen
1. Aliabadi E, Urbanek-Quaing M, Maasoumy B, Bremer B, Grasshoff M, Li Y, Niehaus CE, Wedemeyer H, Kraft ARM, Cornberg M. Impact of HBsAg and HBcrAg levels on phenotype and function of HBV-specific T cells in patients with chronic hepatitis B virus infection. Gut. 2022 Nov;71(11):2300-2312. doi: 10.1136/gutjnl-2021-324646.
2. Cornberg M, Mischke J, Kraft AR, Wedemeyer H. Immunological scars after cure of hepatitis C virus infection: Long-HepC? Curr Opin Immunol. 2023 Jun;82:102324. doi: 10.1016/j.coi.2023.102324.
3. Oltmanns C, Liu Z, Mischke J, Tauwaldt J, Mekonnen YA, Urbanek-Quaing M, Debarry J, Maasoumy B, Wedemeyer H, Kraft ARM, Xu CJ, Cornberg M. Reverse inflammaging: Long-term effects of HCV cure on biological age. J Hepatol. 2023 Jan;78(1):90-98. doi: 10.1016/j.jhep.2022.08.042.
4. Niehaus CE, Strunz B, Cornillet M, Falk CS, Schnieders A, Maasoumy B, Hardtke S, Manns MP, Kraft ARM, Björkström NK, Cornberg M. MAIT Cells Are Enriched and Highly Functional in Ascites of Patients With Decompensated Liver Cirrhosis. Hepatology. 2020 Oct;72(4):1378-1393. doi: 10.1002/hep.31153.
5. Klein S, Mischke J, Beruldsen F, Prinz I, Antunes DA, Cornberg M, Kraft ARM. Individual Epitope-Specific CD8+ T Cell Immune Responses Are Shaped Differently during Chronic Viral Infection. Pathogens. 2023 May 14;12(5):716. doi: 10.3390/pathogens12050716.