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Immunologie der viralen Hepatitis und Infektionen bei Leberzirrhose

Die Hepatitisviren A-E stellen weltweit eine große gesundheitliche Herausforderung dar. Akute Infektionen mit Hepatitis B (HBV), C (HCV), D (HDV) oder E (HEV) können in eine chronische Hepatitis übergehen und zu Leberzirrhose und hepatozellulärem Karzinom führen. Von chronischer Virushepatitis sind weltweit mehr als 350 Millionen Menschen betroffen. Während direkt wirkende antivirale Medikamente eine Heilung der chronischen Hepatitis C ermöglichen, sind die langfristigen Auswirkungen auf das Immunsystem nach der Heilung der Infektion noch nicht vollständig bekannt. Direkt wirkende antivirale Nukleos(t)id-Analoga können zwar chronische Hepatitis B behandeln, eine vollständige Heilung ist jedoch selten. Innovative Ansätze, insbesondere die Modulation der Immunantwort auf HBV, sind vielversprechend für eine Heilung. Chronische Hepatitis D ist immer eine Koinfektion mit HBV, so dass Konzepte zur Heilung von HBV auch auf HDV abzielen werden. Bei der chronischen Hepatitis E, die nur bei immungeschwächten Patient:innen wie Organtransplantierten auftritt, könnte die Verstärkung der Immunreaktion gegen HEV eine neue Strategie sein. Bei Menschen mit Leberzirrhose ist das Immunsystem - unabhängig von der Ursache - geschwächt und die Anfälligkeit für Infektionen erhöht. Insbesondere bakterielle Infektionen der Bauchhöhle aufgrund von Aszites tragen erheblich zum Fortschreiten der Krankheit bei. Unsere Forschungsgruppe konzentriert sich auf das Verständnis der Immunreaktionen gegen Hepatitisviren und die Entwicklung von Biomarkern zur besseren Stratifizierung von Patient:innen für neue therapeutische Strategien zur Modulation des Wirtsimmunsystems im Kampf gegen chronische virale Hepatitis. Darüber hinaus erforschen wir die Mechanismen, die der Immunschwäche bei Leberzirrhose zugrunde liegen, und untersuchen Strategien zur Immunmodulation, um das Überleben dieser gefährdeten Patient:innen zu verbessern.

Prof. Dr. Markus Cornberg

Leitung

Prof. Dr. Markus Cornberg
CiiM Direktor - CiiM
Dr. Anke Kraft

Leitung

Dr. Anke Kraft
Arbeitsgruppenleiterin

Fokus

Die Auswirkungen von Immunreaktionen auf die chronische Hepatitis-B-Infektion

Weltweit sind mehr als 250 Millionen Menschen chronisch mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) infiziert, und jährlich sterben 650.000 Menschen an HBV. Die derzeitigen Behandlungsmöglichkeiten für chronische Hepatitis B in den Industrieländern sind das Zytokin Interferon alfa oder direkte antivirale Medikamente, so genannte Nukleos(t)id-Analoga (NA). NA können die virale Replikation sehr effizient unterdrücken. Allerdings erreicht nur ein kleiner Prozentsatz der Patient:innen einen Status der funktionellen Heilung, der durch den Verlust des HBV-Hüllantigens (HBsAg) gemessen wird. Der Grund dafür ist, dass die NA-Therapie nur die Bildung neuer Virionen hemmt, aber nicht direkt auf das Mini-Chromosom des HBV einwirkt, das sich im Zellkern der Leberzelle befindet. Diese so genannte kovalent geschlossene zirkuläre HBV-DNA (engl.: covalently closed circular HBV DNA, cccDNA), die genetische Vorlage des HBV, könnte durch neue Strategien unter Einbeziehung von Immunantworten eliminiert werden. Ein Schwerpunkt unserer Forschungsgruppe ist es, die Mechanismen des Immunsystems zur Beseitigung von HBV zu verstehen und neue Ziele für therapeutische Maßnahmen zur HBV-Heilung zu ermitteln.

Die Auswirkungen der HCV-Heilung auf das Immunsystem

Weltweit sind 50-70 Millionen Menschen chronisch mit HCV infiziert. Chronische Hepatitis C führt zu Leberzirrhose und erhöht das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Darüber hinaus kann eine HCV-Infektion extrahepatische Symptome wie chronische Müdigkeit oder bestimmte rheumatische Erkrankungen hervorrufen. Eine chronische HCV-Infektion führt auch zu einer veränderten und dysregulierten Immunantwort, die sich ebenfalls auf extrahepatische Symptome auswirken kann. Die Behandlung mit direkt wirkenden antiviralen Medikamenten (DAA) ist seit 2014 etabliert, und bei mehr als 95 % der behandelten Patient:innen kann eine HCV-Heilung erreicht werden. Eine HCV-Heilung verhindert die Entwicklung einer Zirrhose und verringert das Risiko, an Leberkrebs zu erkranken. Das Krebsrisiko ist jedoch nicht gleich Null, und extrahepatische Manifestationen werden nicht immer rückgängig gemacht. Die kurz- und langfristigen Auswirkungen der HCV-Heilung auf das aus dem Gleichgewicht geratene Immunsystem sind ein Schwerpunkt unserer Forschung. Ein besseres Verständnis der Immunreaktionen bei HCV könnte auch die Entwicklung eines Impfstoffs gegen HCV vorantreiben, der wichtig ist, um die WHO-Ziele zur Eliminierung der HCV-Infektion zu erreichen.

Die Auswirkungen von Immunreaktionen bei chronischer Hepatitis E

Die Infektion mit dem Hepatitis-E-Virus (HEV) gilt sowohl in Entwicklungsländern als auch in Industrieländern als die häufigste Ursache für akute Virushepatitis. Bei Infektionen in Industrieländern handelt es sich hauptsächlich um zoonotische Infektionen mit dem Genotyp 3, der durch den Verzehr von rohem oder unzureichend gegartem Fleisch oder Eingeweiden infizierter Tiere oder durch kontaminierte Blutprodukte übertragen wird.

Patient:innen mit akuter Hepatitis E erholen sich in der Regel spontan und scheiden das Virus aus, aber bei immunsupprimierten Patient:innen, z. B. bei Empfänger:innen von Transplantaten mit festen Organen, kann in etwa 50 % der Fälle eine chronische Hepatitis E auftreten. Patient:innen mit chronischer Hepatitis E können innerhalb weniger Jahre eine Leberzirrhose entwickeln. Es gibt kein zugelassenes Medikament für chronische Hepatitis E. Interferon-α oder Ribavirin sind Off-Label-Behandlungsoptionen und, wenn sie eingesetzt werden, mit Nebenwirkungen verbunden. Ein Schwerpunkt der Forschungsgruppe ist es, zu verstehen, wie das Immunsystem verändert werden kann, um eine chronische HEV-Infektion zu beseitigen. Dies könnte zu neuen Konzepten für die Behandlung von Patient:innen mit geschwächtem Immunsystem und chronischer Hepatitis E führen.

Verständnis des zirrhoseassoziierten Immunschwächesyndroms

Die Leberzirrhose ist das Endstadium vieler chronischer Lebererkrankungen, wie z. B. einer chronischen Hepatitis-Virusinfektion. Komplikationen der Zirrhose sind Aszites oder hepatische Enzephalopathie sowie Ösophagusvarizenblutungen, die eine dekompensierte Zirrhose definieren. Patient:innen mit dekompensierter Zirrhose haben eine kumulative Ein-Jahres-Mortalität von etwa 50 %. Die Hauptursache für diese hohe Sterblichkeit ist eine Infektion, z. B. eine spontane bakterielle Peritonitis (SBP). Ein Grund für die Anfälligkeit für Infektionen wird in der beeinträchtigten Immunabwehr von Patient:innen mit fortgeschrittener Leberzirrhose vermutet, die als Leberzirrhose-assoziiertes Immunschwächesyndrom bekannt ist. Ein Schwerpunkt unserer Forschungsgruppe ist die Untersuchung der löslichen und zellulären Immunreaktionen im Blut und Aszites von Patient:innen mit dekompensierter Leberzirrhose, um die Mechanismen der Immunschwäche zu verstehen und Wege zur Beeinflussung und Verbesserung dieses Zustands zu finden.

Mausmodelle: Zur Entschlüsselung der Wirkung immunmodulatorischer Therapien auf heterologe Virusinfektionen

Chronische Virusinfektionen stellen nach wie vor eine globale Gesundheitsbelastung dar. Für viele dieser Infektionen gibt es nur begrenzte Therapiemöglichkeiten zur Beseitigung des Virus. Eine Strategie zur Überwindung der Chronizität ist die gezielte Beeinflussung der Immunantwort des Wirtes. Daher müssen die Mechanismen der Entstehung von Chronizität und die Art und Weise, wie immunmodulatorische Maßnahmen (z. B. α-PD-L1-Antikörpertherapie) die antivirale Immunantwort beeinflussen und gestalten können, genauer erforscht werden.

Ein Schwerpunkt der Forschungsgruppe ist die Verwendung des gut etablierten lymphozytären Choriomeningitis-Virus (LCMV)-Mausmodells, um neue Konzepte immunmodulatorischer Behandlungsoptionen für die Virusbeseitigung und die Modulation der Wirtsimmunreaktionen zu untersuchen.